Lettlandreise der Roja-Gruppe

Lettlandreise der Roja-Gruppe

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Lettlandreise der Roja-Gruppe

Die Roja- Gruppe unserer Kirchengemeinde hat bei ihrem Besuch in Lettland vom 14. – 18. August die allgegenwärtige Bedrohung durch den riesigen Nachbarn Russland zu spüren bekommen. Die alte Bevölkerung hat noch schreckliche Erinnerungen an die 50 Jahre währende Okkupationszeit. Heute erlebt man wieder eine bedrückende Grundstimmung im Land- „wie unter einem schwarzen Schleier“. Trotzdem oder gerade deshalb war es ein Besuch, der an Herzlichkeit nicht zu überbieten war.

Überfahrt


E

Einfahrt nach Klaipeda


Kaffeetafel im Gemeindehaus


Freizeitaktivitäten am Fluss Roja


Sonnenuntergang am Badestrand von Roja


Barbara Engmann liest im Festgottesdienst das Evangelium


Abschluss des Festgottesdienstes


Übergabe des Gastgeschenkes, Aquarell von Waltraud Wortmann


Wer mag, kann folgend einen ausführlichen Bericht lesen:

Ein Besuch, der an Herzlichkeit nicht zu überbieten war

Vom 14. August bis zum 18. August waren 6 Mitglieder unserer Roja- Gruppe zu Gast in der Partnergemeinde in Roja am rigaischen Meerbusen. Uns wurde ein überwältigend freundschaftlicher Empfang bereitet. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs besteht die Partnerschaft. Seit 2002 war es bestimmt unser 12. Besuch und entsprechend groß war auf beiden Seiten die Wiedersehensfreude. In der Sonne sitzend genossen wir die mitgebrachten, angebotenen Leckereien und tauschten uns aus. Später fanden wir noch die Gelegenheit am Strand den Sonnenuntergang zu genießen.  

Die folgenden Tage begannen nach einem üppigen Frühstück mit einer Andacht in der Kirche, die uns jeweils in Teilen von Ilze, der Pastorenfrau übersetzt wurde. Ihrer unermüdlichen Dolmetschertätigkeit verdanken wir die überaus gute Kommunikation untereinander. An diesem Tag standen Besuche bei der stellvertretenden Bürgermeisterin und im Fischereimuseum auf dem Plan. Zu beiden Institutionen haben wir seit vielen Jahren einen engen Kontakt. So erfuhren wir im Rathaus, dass es auch in Lettland eine Gebietsreform gegeben hat in dem Bestreben, Personal einzusparen. Roja wurde zusammen mit der Nachbargemeinde zu einer größeren Verwaltungseinheit zusammengelegt und viele kommunale Aufgaben werden nun von der Kreisstadt Talsi aus geregelt . Das führt in der Bevölkerung zu Unzufriedenheit; denn es bedeutet bei Behördengänge weite Wege, die insbesondere für ältere Menschen beschwerlich sind. Öffentliche Busse fahren nicht so häufig.

Und der Schulbus wurde gestrichen- schlecht für die Schüler, wenn nur 3x am Tag der Bus in den 20 km entfernten Nachbarort fährt, in dem die Schule kürzlich geschlossen wurde. Wir führten lebhafte Gespräche auf der Basis gegenseitigen Verstehens und die vorgesehene Besuchszeit wurde weit überschritten.

Die Begegnung im Fischereimuseum führte uns zu einer alten Bekannten. Die jetzige Museumsleiterin war ehemals Bürgermeisterin von Roja. Vor 2 Jahren trafen wir sie als Landrätin in Talsi. Ursprünglich hatten wir sie als Direktorin der Schule in Roja kennengelernt. Ihr zur Seite steht eine Mitarbeiterin, die, verheiratet mit einem Deutschen, fließend Deutsch spricht. Sie thematisierte die allgegenwärtige Bedrohung durch das aggressive Russland. Sie erzählte uns, dass sie bei ihren Stadtführungen durch Riga die Touristen immer fragen würde, warum sie denn gerade jetzt nach Riga kämen. Und die Antwort lautet immer, weil wir Riga/ das Baltikum nochmal sehen wollen.

Weiter sprach sie davon, dass  der Staat aus der Ukraine den Hinweis bekommen hat, dass die Russen zu förderst Dinge zerstören, die einen hohen Identifikationswert für die Bevölkerung haben. So wurde das kleine Fischereimuseum in Roja aufgefordert bis zum 25.12. dieses Jahres, 60 Exponate zu benennen, die dieses Kriterium erfüllen. Sie sollen in Sicherheit gebracht werden. Sie drückte die derzeitige Situation in Lettland so aus: „Alles liegt unter einem schwarzen Schleier.“

Grundsätzlich hat sich der Schwerpunkt des Museums von einem Fischereimuseum hin zu einem kleinen Volkskundemuseum gewandelt.

Das Mittagessen nahmen wir bei viel Sonne und Wind in einem kleinen Bistro direkt an dem Fluss Roja ein. Wir konnten Kindern beim Standup paddling zusehen, es wurde gerudert und ganz viel geangelt- Hechte und auch kleinere Fische. Es war eine wunderbare Stimmung, bei der wir Soljanka und Pfannkuchen aßen.

Abends hatten wir eine Einladung zur früheren Museumsleiterin, die auch schon wiederholt als Dolmetscherin bei uns in Heikendorf war und jetzt wieder ihrem ursprünglichen Beruf als Deutschlehrerin nachgeht. Über Jahre verbindet uns eine überaus herzliche Beziehung. So hat sie für uns aufgefahren, als hätten wir den ganzen Tag noch nichts zu essen bekommen. Besonders lecker aber war das von ihrem Mann selbst gebraute Bier! Auch diese Freundschaft  ist unbeschreiblich herzlich.

Am Samstag fuhren wir früh Richtung Talsi. Dort auf dem Lande besuchten wir das Pastorat von Ferdinand Almenda, der ein Freund Beethovens war. In diesem, zur deutschen Gemeinde gehörenden Pastorat,  wohnten bis 1939 nur baltendeutsche Pastoren. Der erste lettische Pastor wurde von den Sowjets nach Sibirien deportiert, wo er auch starb. Das Haus wird jetzt in mühsamer Kleinarbeit und mit viel Idealismus von einem Ehepaar aus der Gemeinde Talsi renoviert.

Einen kurzen Besuch  statteten wir der Kirche in Talsi ab. Dort war ein Gemeindefest und es tat gut, viele Jugendliche zu sehen und auch zahlreiche Kinder, die durch das Gemeindehaus tobten. In Roja gibt es leider nur sehr wenig Kinder. Der Gottesdienst muss sehr lebhaft und den überwiegend jungen Gottesdienstbesuchern gemäß abwechselungs reich und modern gewesen sein, begleitet von einer Band.  

Der Handwerkermarkt, der jährlich zwei Mal stattfindet, war  beeindruckend groß. Es wurden jede Menge Pflanzen für den Garten angeboten, auch Wein, Honig, Kerzen, Seife, Süßes, Geräuchertes, Holzarbeiten usw. Abgesehen von der Größe unterscheidet er sich nicht so wesentlich von unseren Märkten.

Wir bekamen dann wieder ein wunderbares Essen, bei dem auch noch die halben Portionen eigentlich zu groß waren. Besonders nett waren die Störche, die derweil über die Wiese schritten.

Beeindruckend war der Besuch in Darte, wo Pastor Juris neben Kaltene eine weitere Predigtstelle hat. Die Atmosphäre in der kleinen, an einem See auf einem Hügel gelegenen Dorfkirche ist so dicht und so konzentriert, wie ich es nur selten erlebt habe. Juris erzählte einiges zur Geschichte der Kirche und danach war es ein Genuss, Sandra, Organistin und KGR Mitglied von Roja, an der Orgel zu hören. Leider ist das Kirchendach undicht, aber die Gemeinde hofft, dass noch in diesem Monat die Arbeiten (auf Kosten der lettischen Kirche) an dem Dach beginnen werden. Diese Kirche ist zudem umgeben von einem wunderbaren alten Friedhof mit altem Baumbestand, der zum Verweilen einlädt.

Spannend war die Besichtigung  einer Lachsaufzuchtstation in Kaltene. Die alte Anlage geht noch auf Sowjetzeiten zurück. Sie war riesig geplant- sollte die größte weltweit werden. Jetzt ist sie weitgehend verfallen. Der jetzige Eigentümer beschränkt sich auf nur einen kleinen Teil. Die sehr dicht gedrängt lebenden Fische brauchen offenbar keine Medikamente, da das Wasser, das aus 1000 m Tiefe kommt salzhaltig ist und nicht ganz 10 Grad hat. Etwas wärmeres Wasser wäre dem Betreiber lieber, da die Fische dann schneller wachsen würden. Die Fischbrote, die uns angeboten wurden, waren jedenfalls ausgesprochen lecker!

Am Abend war das Wetter umgeschlagen und wir fuhren im Regen zu Agrita, einem uns seit langer Zeit vertrauten Gemeindemitglied, die zu einer vorzüglichen Fischsuppe und Piroggen und Kuchen eingeladen hatte. Dicht gedrängt saßen wir bei ihr und ihrem Kater um den Tisch und ließen die Erlebnisse des Tages beim Essen Revue passieren.

Am Sonntag waren wir zu 13.00 Uhr zum Gottesdienst in der Kirche- Pastor Juris hatte vorher noch einen Gottesdienst in Kaltene. Ilze hatte uns zum besseren Verständnis des Aublaufes einen Begleitzettel gegeben und uns auch den Predigttext im Nachhinein übersetzt, wofür wir ihr sehr dankbar sind! Die Gottesdienste in Lettland sind deutlich länger als bei uns, was z. B. daran liegt, dass nach der Beichte alle Gottesdienstbesucher zum Altar gehen, niederknien und die Absolution durch Handauflegen erteilt wird. Auch die Gebete sind umfangreicher. Zu ihnen steht man auf, oder aber man kniet. Das Abendmahl wird in jedem Gottesdienst gefeiert.

Nach dem Segen und dem Verlesen des Grußwortes von Pastor Fitschen überreichten wir unsere Geschenke. Die Zeiten, in denen Lebensmittel oder Kleidung oder andere materiellen Dinge den Partnern übergeben wurden, sind  vorbei. Aber die Gemeinde bedarf weiter finanzieller Unterstützung- dieses Mal für eine völlig durchfeuchtete Kirchenwand, die dringend saniert werden muss. Besonders berührt waren sie, als wir kleine Kerzen aus Heikendorf an alle verteilten. So entstand das Bild vor dem Altar.

Anschließend beim liebevoll zubereiteten Essen im Gemeindehaus, dankte Pastor Juris uns noch einmal mit warmen Worten für unsere Freundschaft und Treue, was ich gerne an die Mitglieder des KGR weitergebe.

Beim Partnerschaftsgespräch wurde über Veränderungen/Besonderheiten in den beiden Kirchengemeinden gesprochen- bei uns z. B. über den Weggang von Pastor Thieme- Hachmann und die enorme Resonanz unserer monatlichen Abendmusiken. Auch in Roja zeigt sich das Verbindende der Musik. Hier gibt es regelmäßig Konzerte z. B. der Musikschule, die die Kirche füllen.

Und natürlich sprachen wir auch hier über das allgegenwärtige Thema, das unterschwellig immer präsent ist- die Angst vor dem großen Nachbarn Russland. Pastor Juris sagte dazu: „Lettland ist ein kleines Land und die Geschichte ist immer über uns hinweggerollt.“ Und genau deshalb müssen wir an ihrer Seite stehen.

Am Montag starteten wir, gestärkt mit einem Reisesegen, mit dem Kirchenbus nach Klaipeda, wo es auf die Fähre nach Kiel ging. In Ruhe konnte man dort die Reise noch einmal durchdenken. Bei allem war es sehr hilfreich, dass wir mit unserem Kirchenbus unterwegs sein durften und dafür danken wir noch einmal sehr herzlich.

Helft uns, dass wir diese Partnerschaft weiterführen können. Sie ist sehr beglückend, aber vor allem wichtig in Anbetracht der Weltlage.

Weitere Informationen zu unserer Reise und zu unserer Partnerschaft geben wir Ihnen gerne am Roja- Tag, dem 2. November bzw. an unserem Benefiz- Filmabend am 7. November.

 


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